Die Schließung von Gebäuden und die damit verbundene Nichtnutzung der Trinkwasser-Installationen können zu Stagnationen und damit zu erhöhten Kolonie-Zahlen von pathogenen Mikroorganismen im Trinkwasser führen. Die 72 Stunden-Regel für die Entnahme von Trinkwasser an den Zapfstellen gilt grundsätzlich immer, in der Praxis wurde das bisher allerdings nicht konsequent umgesetzt. Trinkwasseranalysen sind daher bei der Erst- und Wiederinbetriebnahme wichtig, um den Ist-Zustand zu dokumentieren. Nach wie vor ist die Qualität vieler Gefährdungsanalysen bezüglich des Inhalts und des Aufbaus mangelhaft. Gefährdungsanalysen sind wie Gutachten zu betrachten, die vor Gericht verwendet werden können, von daher müssen Kernthemen in diesen Dokumentationen enthalten sein, und auch die Struktur sollte übersichtlich sein. Im Folgenden werden diese Themen dargestellt.
Trinkwasserverordnung, Regelwerke und Empfehlungen
In der Trinkwasserverordnung ist nach wie vor die Forderung nach einer Gefährdungsanalyse nach § 16, Absatz 7 vorhanden: Sofern der technische Maßnahmenwert für Legionellen von 100 KBE/100 ml überschritten ist, muss der Unternehmer oder sonstige Inhaber eine Gefährdungsanalyse erstellen oder erstellen lassen. Seit der letzten Novellierung 2018 ist neu, dass die Überschreitung von den Untersuchungsstellen direkt an die zuständigen Gesundheitsämter gemeldet werden (§ 15a Anzeigepflicht für Untersuchungsstellen). Die Labore praktizieren das auch konsequent in der Praxis, weil die Unterlassung der Meldung eine Ordnungswidrigkeit darstellt.
Die Empfehlung des Umweltbundesamtes zur Gefährdungsanalyse vom 14. Dezember 2012 ist nach wie vor gültig. Vor allem die eindeutige Forderung, dass Personen, die Gefährdungsanalysen erstellen, unbefangen sein müssen, sollte nochmals deutlich hervorgehoben werden. Der Personenkreis ist in der Empfehlung festgelegt, diese Personen sollten aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung aus der Sanitärbranche kommen und sich zusätzlich qualifiziert haben, zum Beispiel durch eine VDI/DVGW 6023 Blatt 1 (Typ A, Zertifikat) oder eine Fachkraft für Hygiene der SHK-Landesverbände.
Eine weitere wichtige Richtlinie ist die VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 (Hygiene in der Trinkwasser-Installation – Gefährdungsanalysen) vom Januar 2018 als Grundlage zur Erstellung von vereinheitlichten und zielführenden Gefährdungsanalysen. Die anderen aktuellen Regelwerke (DIN-Normen, DVGW-Arbeitsblätter, twin-Veröffentlichungen, VDI-Regelwerke und Veröffentlichungen des ZVSHK) müssen den Gefährdungsanalytikern bekannt sein.
Checklisten für Bestandsaufnahmen
Die Anwendung von Checklisten wurde bisher unterschiedlich gehandhabt. Erfahrene Personen, die mehrere Gefährdungsanalysen für unterschiedliche Gebäudearten bereits erstellt haben, benötigen meist keine Erinnerungslisten, allerdings sind diese Checklisten für die ersten zu erstellenden Analysen durchaus hilfreich. Inzwischen gibt es mehrere derartige Listen:
Diese Listen sind noch keine Gefährdungsanalyse, sondern dokumentieren den vor Ort vorgefundenen Zustand der Trinkwasser-Installation, sie können auch als Begehungsprotokoll bezeichnet werden und müssen dann in einer Analyse verarbeitet werden.
Kernthemen einer Gefährdungsanalyse
Bei der Ortsbesichtigung hat sich bewährt, den „Weg des Wassers“ zu gehen. Das heißt: Beginn der Begehung ist der Hauswassereingang mit dem Wasserzähler. Danach werden alle Geräte und Apparate begutachtet, ob diese den allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) entsprechen und genauestens dokumentiert. Im Folgenden sind die wichtigsten Themen aufgelistet, die in der Gefährdungsanalyse enthalten sein müssen.
Alle sonstigen Bauteile, wie zum Beispiel die Absperrarmaturen, Zirkulationsventile, Entnahmearmaturen (hier vor allem auf Perlatoren achten), Sicherungs- und Sicherheitsarmaturen, Druckerhöhungsanlagen und Membranausdehnungsgefäße, sind auf korrekten Einbau, Hygienezustand und einwandfreie Funktion zu begutachten. Auffällig waren in den vergangenen Jahren falsch eingebaute Membranausdehnungsgefäße, die ein gesundheitliches Risiko darstellen können.
Der Begriff „Bestimmungsgemäßer Betrieb“ ist u. a. im DVGW Arbeitsblatt W 557 definiert und beinhaltet folgende Forderungen: Betrieb der Trinkwasser-Installation wie bei der Planung zugrunde gelegt, Vermeidung von Stagnation, Einhaltung der Temperaturen (kalt und warm) und regelmäßige Instandhaltungen. Diese Vorgaben müssen bei der Vor-Ort-Begehung stets überprüft und in der Gefährdungsanalyse dokumentiert werden – sie dienen sozusagen als Leitlinie für jede Dokumentation.
Bisherige Schwachstellen
Die häufigsten Mangelpunkte von Gefährdungsanalysen sind die fehlende Struktur, kein Inhaltsverzeichnis, fachlich falsche Aussagen, Zitieren von veralteten Regelwerken und eine falsche Risikobeurteilung. Nicht jeder Mangel hat auch eine gesundheitliche Auswirkung – das treffend zu beurteilen ist die wichtigste Aufgabe des Gefährdungsanalytikers. Auf diese Beurteilung sollte besonders geachtet werden. Auch die Begrifflichkeiten gehen oftmals durcheinander. In ein und demselben Bericht werden verschiedene Begriffe verwendet (zum Beispiel Gefahrenanalyse, Risikoanalyse). In der TrinkwV wird der Begriff Gefährdungsanalyse verwendet, von daher sollte man diesen verwenden. Mängel werden gut dokumentiert, aber es fehlen Vorschläge für die durchzuführenden Maßnahmen, wobei in einer Gefährdungsanalyse keine Sanierungskonzepte enthalten sein sollten. Auch eine zeitliche Priorisierung der Maßnahmen fehlt oftmals.
Empfehlungen für die Dokumentation
Aus den Schwachstellen und den Kernthemen ergeben sich Empfehlungen für die Gefährdungsanalyse, die in folgender Tabelle zusammengefasst sind:
Inhalte/Beachtenswertes | Erläuterungen |
---|---|
Tabellen- oder Textform | Es gibt dazu keine Vorgabe und kann frei gewählt werden |
Deckblatt | Wichtige Informationen: Titel „Gefährdungsanalyse“, Objektdaten, Ersteller, Erstelldatum, weitere mitanwesende Personen |
Inhaltsverzeichnis | Dient der Strukturierung, der Übersicht und dem schnellen Finden bestimmter Themenbereiche |
Verwendete Geräte | Mit genauer Bezeichnung, kalibrierte Geräte verwenden, um Messungen etc. zu dokumentieren |
Dokumentenprüfung | Gehört zur Analyse; kurze Anmerkung, wenn wenige oder keine Dokumente vorliegen |
Zitate aus den Regelwerken | Nur den passenden Satz/Abschnitt aus aktuellen Regelwerken zitieren, keine Entwürfe oder veraltete Regelwerke aufführen |
Fotos | Mangel auf Fotos mit einem Pfeil oder einer Umrandung versehen, sodass der Mangel schnell erkannt wird, jedes Bild beschriften; für die Dokumentation ein wichtiges Hilfsmittel |
Wärmebilder | Als Ergänzung empfohlen, ersetzen aber keine Temperaturmessungen |
Klarer Aufbau der Dokumentation | Inhaltsverzeichnis am Anfang, Aufzählungszeichen verwenden, wichtige Textinhalte farblich oder fett hervorherben |
Literatur-/Regelwerksverzeichnis | Am Schluss der Dokumentation aufführen, nicht am Anfang |
Zusammenfassung | Maximal 1 bis 2 Seiten am Schluss der Dokumentation; erleichtert es dem Auftraggeber, die Mangelpunkte und Maßnahmen schnell zu erkennen |
Checklisten/Protokolle | Können an die Dokumentation angehängt werden, sollten möglichst vollständig ausgefüllt sein, ansonsten Checklisten anpassen |
Sprache | Verständlich im Stil und Ausdruck, angepasst an den Auftraggeber |
Fazit
Nach wie vor sind Gefährdungsanalysen bezüglich des Inhalts und des Aufbaus mangelhaft. Auf die äußere Struktur sollte zukünftig mehr Wert gelegt werden, inhaltlich müssen Aussagen fachlich richtig sein, dazu muss der Gefährdungsanalytiker das Regelwerk beherrschen. Die festgestellten Mängel sollten ausführlich beschrieben werden, aber möglichst keine gesamten Regelwerke, Raumbücher, Betriebsanleitungen oder andere Dokumentationen als Textfüller anhängen. Nicht die Seitenzahl ist entscheidend, sondern die sorgfältige Dokumentation. Auffällig ist, dass Mangelpunkte in vielen Ausarbeitungen vom gesundheitlichen Risiko falsch eingeschätzt werden. Von daher sind auch mikrobiologische Kenntnisse für einen Gefährdungsanalytiker wichtig, die Personen sollten sich in diesem Themengebiet stets weiterbilden.
Abdruck honorarfrei.
Wir freuen uns sehr über Veröffentlichungen unseres Materials und bitten jeweils um ein Belegexemplar.
JUDO Wasseraufbereitung GmbH
Pressestelle
Postfach 380
D-71351 Winnenden
Telefon +49 (0)7195 692 – 265
Telefax +49 (0)7195 692 – 245
E-Mail: presse@judo.eu